Sonntag, 27. September 2009

Brutal nettes Brauchtum : Ruperti Gautschen





Die Druckerlehrlinge werden immer weniger. Kein Wunder. Den Gautschbrief gibt es nur, wenn man folterähnliche Qualen erduldet. Alle zwei Jahre ist es am Rupertikirtag soweit. Dann werden die fertigen Lehrlinge zur Belustigung der Ruperti Zuseher auf nasse Schwämme gepackt, mit Wasserkübeln angeschüttet und dann in einen Bottich kalten Wassers geworfen. Tatort Domplatz. Ein Insider, einer der Packer packt aus: "Wir drücken denen die letzte Luft aus Zwerchfell und Kehle, dann müssen sie den Mund öffnen." Was folgt sind 5 Kübel Wasser. Der Lehrling fühlt sich knapp vor dem Ersticken und wird dann in den Wasserbottich geschmissen. Quasi als Erlösung und zur Buße aller seiner Sünden, die er/sie in der Lehrzeit begangen hat. Ein paar der heurigen Gäutschlinge müssen sehr böse gewesen sein. Der Brauch des Gautschens hält sich übrigens seit Jahrhunderten.

Anmerkung vom 29.9. Dieser Text ist natürlich nicht ganz wörtlich zu nehmen. Auf mehrfache Intervention merke ich gerne an, dass hier natürlich niemand ernsthaft gefoltert wird und auch das Wort brutal zu brutal gewählt wurde. Sorry für meine mangelnde Sensibilität!!

8 Kommentare:

  1. Liebe Doris Wild,

    danke für die wie immer trefflichen Bilder vom Gautschen.

    An deinem Text wäre es mir allerdings lieber gewesen, wenn die Schilderungen der Aktion zumindest ein wenig "launiger" durchgekommen wären.

    Für viele Leser ohne Vorinformation muss sich der Eindruck auftun, dass sich hier wirklich haarsträubende Dinge abspielen.
    Das klingt ja so, als ob sadistische Folterknechte in hochnotpeinlicher Befragung die Gäutschlinge drangsalieren und quälen.

    Wenn man aber in die rundum frohen, lustigen und begeisterten Gesichter aller am Geschehen Beteiligten blickt, kann man sich unschwer vom Gegenteil überzeugen.

    Freilich, die Zeremonie schaut aufs Erste wild und ungestüm aus.
    Aber dieser Taufprozedur unterwerfen sich alle Beteiligten mit Spaß, Einsatz und viel Freude.

    Bei den über 300 (!!) Lehrlingen unserer Zunft, die wir auf der Brauchtumsbühne des Rupertikirtags in den letzten 22 Jahren gegautscht haben, gab es noch nie gekränkte, missgelaunte oder gar verletzte Lehrlinge.
    Darauf bin ich als hauptverantwortlicher "Gautschmeister" mit meinen Gesellen aus vielen Betrieben Salzburgs stolz und hoffe, dass sich der Brauch nicht nur zur "geilen Belustigung" der Kirtagszuschauer, sondern wie allzeit auch zur Freude und im Berufsstolz unserer tüchtigen grafischen Mitarbeiter weitere Jahrzehnte "hält".

    Herzlich, aber über deinen Text
    etwas traurig und irritiert

    Günther


    ===========================
    KommR Günther Uitz
    Geschäftsführer i. R.
    Druckerei Huttegger GmbH.&Co.KG

    AntwortenLöschen
  2. Himmelhoch jauchzend, zu Tode getrübt ...
    Wer zwischen den Zeilen liest, merkt die ironische Seite der Doris Wild.
    Schön dass es solche Bräuche noch gibt. Und wer denkt, dass es heute eine öffentliche Folter noch gibt, ist sowieso von gestern. Es zeigt doch vielmehr von einer Verbundenheit und Stolz einer Zunft. Die in nicht einfachen Zeiten einen starken Zusammenhalt gut gebrauchen kann.

    AntwortenLöschen
  3. Danke für´s zwischen den Zeilen lesen. Ein bisserl muss man übertreiben, um im medial überfluteten Alltag gehört zu werden. Liebevolle Wassertaufen bringen weniger Quote, weniger clicks und sicher keine Kommentare. That´s Life im Medienjahrhundert. Einfach auch brutal.

    AntwortenLöschen
  4. Liebe Doris,
    der Brauch hält sich nicht, wie du schreibst, seit Jahrzehnten sondern er wird seit Jahrhunderten
    zur Freude und zum Stolz aller Beteiligten praktiziert – und Ironisches oder gar was zwischen den
    Zeilen habe ich in deinem Text echt nicht bemerkt!

    Diese Unsitte kommt allerdings aus der gar arg bösen Zeit (und bestimmt hast du das gemeint ?) in der Frauen mit
    rotem oder gar lila Haar umgehend als Hexe verbrannt wurden – dem 16.Jahrhundert.

    Auch ich wurde, als gelernter Drucker, gegautscht und
    war danach selbstverständlich. wie es sich gehört – und du oben so trefflich schilderst - jahrzehntelang traumatisiert.

    Oh wie bin ich also froh, wie genau und umfassend du dich informiert hast und du alles auf den Punkt bringst.

    Hier also nochmals , für alle, die nicht so genau Bescheid wissen und
    wie auch von unserem Franz verlinkt, ganz offen:
    „Just for Info“: http://de.wikipedia.org/wiki/Gautschen

    Dein Druckertom

    AntwortenLöschen
  5. ...und jetzt glaube ich wirklich, dass das gautschen traumatisiert. Liebe drucker, seid froh, dass ihr nicht metzger geworden seid, denn dann würde es auch noch kalt sein und die folgen wären nicht abzusehen...

    AntwortenLöschen
  6. ad Tom: Also mit Jahrzehnte hab ich den Brauch am Rupertikirtag gemeint. Dass es das Gautschen schon länger gibt, weiß ich, das hab ich vorher unter eben diesem Link auch gelesen. Dass deswegen keiner traumatisiert ist, da bin ich mir auch sicher. Und dass solche wie ich im 16. Jahrhundert als Hexe verbrannt wurden: Auch klar. War ich wahrscheinlich im früheren Leben ;)).
    Und die Insider-Infos habe ich von einem deiner Kollegen. Dass Sprache viel mit Interpretation und Konnotation zu Worten zu tun hat, ist mir klar. Dennoch: Ich habe nur beschrieben, was ich gesehen habe. Und genau dazu sehe ich meine Texte. Als Diskussionsgrundlage.

    AntwortenLöschen
  7. Dass der Text nicht wörtlich zu nehmen ist und mit einem Augenzwinkern geschrieben wurde, veranschaulicht sich meiner Meinung nach durch die zahlreichen Bilder, sowie den Film, die dem Artikel beiwohnen.
    Man darf an dieser Stelle auch nicht vergessen, dass in einem Weblog kein sachlich und rein faktisch geschriebener Zeitungsbericht gepostet wird, sondern dass hier subjektive Eindrücke gewollt sind - wie ich finde. Wenn ich reine Fakten zum Gautschen lesen möchte, suche ich den zugehörigen Wikipedia-Artikel.

    Ein wenig Dramatik darf schon sein, schließlich lockt genau das die Leser. Und wenn sie sich dann noch die Bilder dazu ansehen, dann wissen sie eigentlich, dass hier niemand wirklich gefoltert wurde.

    AntwortenLöschen
  8. http://de.wikipedia.org/wiki/Waterboarding

    liebe grüße aus wien,
    mark

    AntwortenLöschen