Montag, 2. November 2009
New York: The Run
Von Günter Freund
Es war noch finster. Der Wecker läutet um 5.00 Uhr früh. Treffpunkt Lobby mit Chris, Thomas und Hubert. Erster Stress: Unser Shuttelbus kam nicht. Unser Reiseveranstalter hat in diesem Punkt klar versagt. Thomas organisiert Nachbarschaftshilfe: Wir dürfen bei den Schweizern mitfahren. Nach über 1 Stunde Anreise ist der Anblick des Startareals eher enttäuschend. Unübersichtlich. Chaotisch. Stressig.
Nach Eintreffen in unserem Startblock im Staten Island die zweite Enttäuschung: Wir sind zwischen Busschlangen eingekeilt. Der erwartete Ausblick auf die Verrazano Narrows Bridge entfällt. In der Ferne ertönt die amerikanische Nationalhymne, ein Schuss, dass Frank Sinatras New York New York und alle setzen sich in Bewegung. Nach zwei Minuten laufen wir. Erst am Scheitelpunkt der Brücke, nach ca. 1,5 Meilen wird die Dimension der Veranstaltung auch für uns sichtbar. 40.000 laufende Menschen. Ich bin nur am Schauen, am Eindrücke sammeln. Dass ich dabei auch laufe, fällt mir gar nicht auf.
Brooklyn ist gesäumt von Fanmassen. Sowas hab ich noch nie erlebt. Auch in Berlin nicht. Das entschädigt für den schwachen Start. Die Fans winken mit Fanen, reichen Erfrischungstücher, Orangenspalten, verteilen sogar Lollies und Blumen an die Läufer. Dieser Part ist eine einzige Show. Musikgruppen am Rand sorgen für Partyfeeling. Diesem Gefühl ist wahrscheinlich auch meine perfekte erste Halbzeit zu verdanken.
Danach kurz Queens. Dann die Queensboro Bridge. Eine so lange, so hohe Brücke habe ich noch nie zu Fuß überquert. Schon gar nicht mit so vielen Menschen gemeinsam laufend. Die Steigung wollte nicht enden. Erster Einbruch bei Meile 15,5. Hier fasste ich den Entschluss, die Geschwindigkeit zu reduzieren und lieber auf ein sicheres Fertiglaufen zu setzen. Belohnt wurde ich bei Meile 16. Da stand mein persönlicher Fanclub. Ich wusste dass sie irgendwo in diesem Abschnitt stehen würden und hörte plötzlich laut meinen Namen kreischen. Die Fahne und das Schild habe ich nicht wahrgenommen.
Danach ging es über die 1st Ave Richtung Harlem. Da ich mich fürs Genusslaufen entschied hatte ich jetzt mehr Spass. Aufmunternde Kommentare für die Mitläufer. In Harlem bekam einer meiner schwarzen Mitläufer von einem Zuschauer eine Banane. Mein mitleidserregender Blick auf seine Banane wärmte sein Herz und ich bekam die Hälfte. Harlem hatte die besten Musikgruppen. Ein sensationeller Gospelchor. Weiterlaufen. Ich will nur ins Ziel. Kurz durch die Bronx. Dann über die letzte Brücke die Madison Ave Bridge nach Manhatten. Und die restlichen 5 Meilen geradeaus. Auf der 5th Ave waren wieder richtig viele Fans. Anfeuerungsrufe die wir jetzt gut gebrauchen konnten.
Als alle glaubten das schlimmste ist jetzt überstanden, bogen wir in den Central Park ein. Ein ständiges Up und Down. Da tut jeder Meter weh. Hier ist zwar jedem klar, dass man ins Ziel kommt, egal wie, aber hier beginnt die Hölle. Und dann stehen die Zuschauer auf der Seite und rufen aufmunternd „Your looking good.“ Zuviel amerikanische Lügen. Es hilft trotzdem. Ich bin nach 4 Stunden 15 Minuten im Ziel !!!!! Leere. Erleichterung dann Euphorie. Der Zielbreich ist wieder lieblos arrangiert. Die Leute sind super. Jeder gratuliert dir am Heimweg zum Hotel. Von der Oma bis zum Anzugträger. New Yorks Bevölkerung lebt den Marathon mit. Man spürt den Respekt gegenüber der sportlichen Leistung. Alles in allem: Danke an die Stadt New York es ist sooooo geil!
Übrigens: Hubert war sensationell nach 3h20 min im Ziel. Dann Chris 3h 47 und Thomas 3h 49 min.
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